Wohngesundheit gewinnt zunehmend an Bedeutung. Egal, ob Bauherren einen Neubau oder die Sanierung eines Altbaus planen, der Gesundheit zuträgliche Baustoffe und Bauprodukte, aber auch gesunde Möbel, werden stärker denn je nachgefragt. Hier erhalten Sie viele interessante Infos zu Schimmel, Schallschutz im Haus und Elektrosmog. Lesen Sie außerdem unser Experteninterview zum Thema Wohngesundheit, das wir mit Peter Bachmann, Geschäftsführer des Sentinel Haus Instituts, geführt haben.
Das Thema Wohngesundheit steht hoch im Kurs: Wie eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Großhandelsgenossenschaft MEGA ergab, ist für 73 Prozent der Deutschen ein gesundes Wohnumfeld von großer Bedeutung. Angesichts der Tatsache, dass man in Deutschland inzwischen einen Großteil seiner Lebenszeit in geschlossenen Räumen verbringt, ist das große Interesse auch nicht weiter verwunderlich.
Beim Stichwort Wohngesundheit denken die meisten Menschen erst einmal an Schadstoffe in der Raumluft, die die Ursache für quälende Kopfschmerzen, permanente Müdigkeit und allgemeines Unwohlsein sein können. Das ist zwar richtig, grundsätzlich gilt es aber, das Thema Wohngesundheit deutlich weiter zu fassen. Auch gesundheitliche Belastungen durch Elektrosmog oder andauernde Lärmbelästigung lassen sich unter dem Stichwort Wohngesundheit einordnen. Nicht zuletzt bedeutet Wohngesundheit beispielsweise nämlich auch, für ein angenehmes, ästhetisch ansprechendes Wohnumfeld mit ausreichend Tageslicht und sommerlichem Hitzeschutz Sorge zu tragen, indem sich die Hausbewohner rundum wohlfühlen.
Die Liste potenzieller Schadstoffe, Wohngifte und physikalischer Quellen, die das Raumklima und Wohnumfeld negativ beeinflussen, ist nicht gerade kurz. Im Allgemeinen unterscheidet man, wie das Sentinel Haus Institut auf seiner Website näher ausführt (für weitere Informationen bitte diesem Link folgen), drei Schadstoffquellen: biologische, chemische und physikalische.
Nur wer konsequent gesunden Baustoffen und Möbeln den Vorzug gibt, der kann böse Überraschungen vermeiden und seine Wohnung frei von gesundheitsschädlichen Schadstoffen halten. Alle am Markt befindlichen Bodenbeläge, Putze und Farben sind potenzielle Schadstoffquellen, die die Luftqualität negativ beeinflussen können. Zum Schutz der eigenen Gesundheit gilt es darum, auf eine Zertifizierung der verwendeten Produkte zu achten. Orientierung bieten diverse Prüf- und Gütezeichen, die die Unbedenklichkeit der Inhalte bestätigen. Zu nennen wäre in diesem Zusammenhang zum Beispiel das eco-INSTITUT aus Köln, das die unterschiedlichsten Produkte auf Chemikalien prüft, die die Gesundheit negativ beeinflussen können. Auch anhand des Gütesiegels der europäischen Vereinigung natureplus lassen sich Bauprodukte identifizieren, deren Gesundheitswirkung streng überprüft wurden.
Peter Bachmann ist ist Geschäftsführer des Sentinel Haus Instituts, das Bauherren mit planbarem, bezahlbarem und praxisorientiertem Expertenwissen hilft, die Gesundheit in Lebensräumen zu sichern.
Hurra-wir-bauen: Schadstoffbelastungen durch Formaldehyd, Asbest oder Holzschutzmittel findet man bis heute in vielen Häusern der 60er und 70er Jahre. Sind Bauherren, die heute ein neues Haus bauen, sicher vor solchen Schadstoffen?
Peter Bachmann: Leider nur zum Teil. Asbest ist im Neubau kein Thema mehr, Belastungen durch Formaldehyd oder durch falsch angewendete Holzschutzmittel gibt es nach wie vor. Dazu kommen weitere Belastungen, etwa durch Flüchtige organische Stoffe (VOC), das natürliche Edelgas Radon und zahlreiche weitere. Der Grund dafür sind unter anderem aus den notwendigen Energiespargründen immer dichtere Gebäudehüllen und immer mehr Chemie im Bereich Baustoffe, Reinigungsmittel und Haushaltsmittel.
Hurra-wir-bauen: Ist es überhaupt möglich, einen Wohnraum zu schaffen, der gänzlich befreit ist von schädlichen Umwelteinflüssen?
Peter Bachmann: Hundertprozentig gelingt das nicht, das ist auch nicht nötig. Deshalb sollte man allen Versprechungen misstrauen, die von schadstofffreien Produkten oder Räumen sprechen. Was es aber gibt, sind Wohn-, Arbeits- und Schulgebäude, deren Innenraumluft sehr viel geringere Schadstoffmengen aufweisen, als es zum Beispiel das Umweltbundesamt empfiehlt. Aus heutiger Sicht schließen die Fachleute damit für die allermeisten Personen auch bei dauerhaftem Aufenthalt eine gesundheitliche Belastung durch die entsprechenden Schadstoffe aus.
Hurra-wir-bauen: Ist Wohngesundheit ein Trend? Hat sich die Nachfrage an wohngesunden Baustoffen in den letzten Jahren signifikant erhöht? Und wenn ja, woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Peter Bachmann: Auf jeden Fall! Antworten gibt die zweite Studie „Gesund Wohnen“, die wir gemeinsam mit einigen Herstellern wie Baumit, Roto und anderen haben erstellen lassen. Zwei Drittel aller privaten Bauherren informieren sich demnach vor ihrer Baumaßnahme über die Unbedenklichkeit von Baustoffen. Neben Schimmel – 86 Prozent der befragten Bauherren und Sanierer empfinden diese Belastung als sehr bedenklich – machen sich private Bauherren vor allem Sorgen um die Gesundheitsgefährdung durch Emissionen aus Bauprodukten. 59 Prozent halten diese für schädlich, weitere 32 Prozent für eher bedenklich. Gegenüber der ersten Ausgabe der Studie vor zwei Jahren sind die Verbraucher deutlich kritischer geworden.
Der Grund ist naheliegend: Gesundheit ist vor vielem anderen die Grundlage für ein zufriedenes und gutes Leben. Wer will das nicht für sich und seine Familie? Nicht zuletzt haben internationale Studien ergeben, dass Mitarbeiter seltener krank werden und auch eine bessere Leistung abrufen können, wenn sie sich in gesünderen Innenräumen aufhalten.
Hurra-wir-bauen: Wie wirken sich Wohngifte auf den menschlichen Körper aus?
Peter Bachmann: Das ist sehr unterschiedlich, ähnlich wie beim Konsum von Alkohol. Der eine verträgt fünf Bier, der andere ist schon nach einem halben Glas nicht mehr fahrtüchtig. Die Bandbreite gesundheitlicher Beeinträchtigungen ist enorm hoch und hängt von der Art und der Intensität der Belastung ab sowie von der Konstitution und Vorbelastung der Person. Babys, Kleinkinder, Schwangere und ältere Menschen sind gemeinhin stärker betroffen. Allgemein kann man sagen, dass es von brennenden Augen und gereizten Schleimhäuten, Kopfschmerzen, dauernder Müdigkeit. Allergien bis hin zu chronischen Erkrankungen oder gar Krebs reicht. Gemein ist, dass der Bewohner meistens den Zusammenhang zwischen seinen gesundheitlichen Beschwerden und zum Beispiel dem falschen Bodenbelag nicht direkt herstellen kann.
Hurra-wir-bauen: Was raten Sie gesundheitsbewussten Bauherren und Modernisierern?
Peter Bachmann: Informieren Sie sich und wählen Sie Produkte und Baupartner aus, die für Qualität beim Bauen und Sanieren im Allgemeinen und nachprüfbare Qualität im gesundheitlichen Bereich stehen. Entsprechende Produkte und Fachkräfte finden sich zum Beispiel auf der Online-Plattform www.sentinel-bauverzeichnis.eu.
Hurra-wir-bauen: Wann wird wohngesundes Bauen genauso viel kosten wie „normales“ Bauen?
Peter Bachmann: Das ist zum Teil heute schon so! Bei zahlreichen abgerechneten Projekten haben wir einen zusätzlichen Aufwand von Null bis zwei Prozent der Bausumme. Dabei gehen wir von einem allgemein guten Qualitätsstandard aus. Die allermeisten der von uns empfohlenen Baustoffe sind ganz normale Produkte von zum Teil marktführenden Herstellern, die sie in jedem Baustofffachhandel finden. Wenn Sie geprüft wohngesundes Bauen mit Billigstanbietern vergleichen, ist die Differenz naturgemäß größer. Die gute Nachricht: Es gibt eine schnell wachsende Gruppe von innovativen und verantwortungsvollen Planern und Bauunternehmen, die sich für die gesundheitliche Sicherheit ihrer Kunden engagieren und diese preisgleich umsetzen.
Hurra-wir-bauen: Wie unterstützt das Sentinel Haus Institut Verbraucher, die sich einen wohngesunden Lebensraum schaffen möchten?
Peter Bachmann: Indem es Informationen gemeinsam mit Wissenschaftlern und Experten zusammenträgt und fortschreibt und dieses Wissen für die Baupraxis umsetzt. Dazu werden Bauunternehmen, Planer und Handwerker geschult und entsprechende Konzepte entwickelt. Zum Beispiel gibt es von uns für alle relevanten Gewerke Baustellenregeln, nach denen die Handwerker sicher wohngesund arbeiten können. Gesünderes Bauen und Sanieren hat immer etwas mit Qualität zu tun. Wichtig ist mir eine wirkliche Rechtssicherheit für den Kunden. Es darf nicht sein, dass die chemische Industrie Produkte an der Gesundheit von Bewohnern „ausprobiert“!
Hurra-wir-bauen: Welche Aufgaben und Ziele hat die „Europäische Allianz für Wohngesundheit“?
Peter Bachmann: Die Europäische Gesellschaft für gesundes Bauen und Innenraumhygiene – (EGgBI) wie die Institution exakt heißt, ist aus der Sentinel Haus Stiftung e.V. hervorgegangen. Als gemeinnützige Einrichtung forscht, recherchiert und berät sie vor allem zu den besonderen gesundheitlichen Bedürfnissen von Allergikern, Chemikaliensensitiven, Elektrosensitiven, Kleinkindern und ähnlich Betroffenen. Das Sentinel Haus Institut entwickelt Konzepte zur grundsätzlichen gesundheitlichen Qualität von Gebäuden vorwiegend für solche Personen, die gesund sind und gesund bleiben wollen. Einen weiteren Schwerpunkt der EGgBI bildet die politische Lobbyarbeit im Sinne des Verbrauchers!
Hurra-wir-bauen: Die Geschäftsstelle der Allianz für Wohngesundheit berät Menschen, die an MCS leiden. Welche Beschwerden haben diese Menschen?
Peter Bachmann: Multiple Chemikalien Sensitivität ist ein breit angelegtes Krankheitsbild, das sehr individuelle Ausprägungen hat. Verkürzt und verallgemeinernd kann man sagen, dass Menschen mit MCS sehr stark auf Chemikalien reagieren, die überall in unserer Umwelt vorhanden sind, Duftstoffe, Parfüms, die Innenraumluft neuer Autos und vieles mehr. Das kann bis zur Arbeitsunfähigkeit gehen. Leider ist diese Krankheit bei Ärzten noch wenig bekannt und MCS-Patienten müssen um die richtige Diagnose und Anerkennung ihrer Krankheit oft jahrelang kämpfen. Wir und die EGgBI arbeiten in diesem Bereich mit namhaften Umweltmedizinern zusammen.
Hurra-wir-bauen: Vielen Dank für das Interview!
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