Für viele Bauherren ist ihr Bauvertrag ein Buch mit sieben Siegel. Der Bauherren-Schutzbund e.V. (BSB) erbringt auch für nicht im Verein organisierte Verbraucher wichtige Leistungen zur Stärkung ihrer Rechte. So gehört die gemeinnützige Verbraucherschutzorganisation zu den wenigen Einrichtungen, die das Recht auf Abmahnung und Unterlassungsklagen bei verbraucherfeindlichen Vertragsklauseln haben. Auf der Internetseite des BSB sind Vertragsinhalte veröffentlicht, gegen die sich Abmahnungen beziehungsweise Klagen auf Unterlassung richteten. Auch die Urteile von Gerichten lassen sich dort nachlesen.
Ein Bauvertrag ist für viele Bauherren ein Buch mit sieben Siegeln. Wir haben Rechtsanwältin Dr. Dr. Elke Heera, BSB-Vertrauensanwältin gefragt, auf welche Formulierungen man in einem Bauvertrag besonders achten muss, damit Sie nicht zum Fallstrick werden und Bauherren ein möglichst hohes Maß an Sicherheit haben.
Hurra-wir-bauen: Die Veröffentlichungen im Internet deuten darauf hin, dass Zahlungspläne häufig Stein des Anstoßes sind. Trifft das zu?
Dr. Dr. Elke Heera: Das ist richtig beobachtet. Zahlungspläne am Bau sind ja auch ein markanter Vertragsbestandteil, dem Verbraucher mit der Unterschrift unter den Werkvertrag zustimmen. In einem Werkvertrag war beispielsweise folgender Zahlungsplan vereinbart, gegen den der BSB auf Unterlassung geklagt hat: Mit Fertigstellung der Bauantragsunterlagen sollte der Auftraggeber 15 Prozent (des Werklohns) zahlen, weitere 15 Prozent dann mit Fertigstellung der Erdarbeiten und der Bodenplatte. Im nächsten Zahlungsschritt wurden mit Fertigstellung der Außenwände im Erdgeschoss vom Verbraucher weitere 30 Prozent des vereinbarten Werklohns gefordert. Mit Fertigstellung des Dachstuhls ohne Sichtschalung sah der Zahlungsplan eine Rate von weiteren 15 Prozent vor. Da sollten bei allen Bauherren die Alarmglocken läuten. Das Landgericht Potsdam entschied im Urteil zum Gz. 12.0.474/06, dass diese Zahlungsplanklausel unwirksam ist und begründete das unter anderem so: „Entgegen der gesetzlichen Vorleistungspflicht des Werkunternehmers sollen allein bis zur Fertigstellung des Rohbaus bereits 75 Prozent des Werklohns fällig werden. Das verstößt gegen das Äquivalenzgebot. Nach den Erfahrungen der Kammer, die im Wesentlichen aus Bauprozessen auch mit der Einschaltung von Sachverständigen und deren Gutachtenerstellung herrühren, ist der Fertigstellungsgrad insgesamt bei Fertigstellung des Rohbaus höchstens mit 50 Prozent zu bewerten.“ Und weiter heißt es im Urteil: „Im Ergebnis würde bei Geltung der vorliegenden Klausel damit die Vorleistungspflicht des Werkunternehmers jedenfalls zum Teil in eine Vorleistungspflicht des Bauherrn umgekehrt.“ (Anm. d. Red.: Gemeint ist, dass der Bauherr die Kosten tragen soll, bevor er dafür etwas bekommen hat.)
Hurra-wir-bauen: Dass Bauherren ungerechtfertigt in Vorleistung gehen müssen, ist ja nur die eine Seite. Für die Verbraucher in Deutschland besteht damit ja sicher auch ein erhebliches Risiko bei einer Firmenpleite?
Dr. Dr. Elke Heera: Da haben Sie Recht. Eine aktuelle bundesweite Befragung von Mitgliedern des Bauherren-Schutzbundes ergab, dass 17 Prozent der Befragten mit der Insolvenz des Vertragspartners zu kämpfen hatten. Der damit verbundene finanzielle Schaden beträgt durchschnittlich 29.000 Euro. Auch die Insolvenz der IBG Firmengruppe Ende vergangenen Jahres hat diese Erfahrung bestärkt. Hier schilderten uns Betroffene, dass der Bau typischerweise ins Stocken kam, als die ersten überteuerten Raten gezahlt waren. Bis zu 35.000 Euro überwiesen Kunden für ihr Bauvorhaben, ohne dass diesen Abschlagszahlungen eine adäquate Bauleistung gegenüber stand.
Hurra-wir-bauen: Der Verein hat sich mehrmals gegen die in Werkverträgen geforderte Abtretung von Verbraucherrechten an die Auftragnehmer gewandt und damit auch durchgesetzt.
Dr. Dr. Elke Heera: In der Regel bringen ja die Werkunternehmer vorformulierte Bauverträge in die Verhandlungen mit den Bauherren ein. Manchmal bringen diese Bauverträge ausschließlich der Unternehmerseite Vorteile. So war zum Beispiel in einem Vertrag zu lesen: „Der Bauherr überträgt dem Auftragnehmer (Bauunternehmer) während der Abwicklung des Bauvorhabens beziehungsweise Durchführung des Bauwerkvertrages unwiderruflich das Hausrecht am Baugrundstück beziehungsweise Bauobjekt.“ Der Verein hat im Unterlassungsklageverfahren argumentiert: „Die vollständige Ausschließung des Bauherrn von seinem Grund und Boden führt zu einer unangemessenen Benachteiligung. Da in der Regel Abschlagszahlungen vereinbart sind, muss dem Bauherrn die Möglichkeit zustehen, die Vollständigkeit und Mängelfreiheit der den Abschlagszahlungen entsprechenden (Teil-)Leistungen persönlich zu prüfen, ohne zuvor Kontakt mit dem Bauunternehmer aufnehmen zu müssen.“
Hurra-wir-bauen: Worauf sollten Bauherren bei der Bauabnahme achten?
Dr. Dr. Elke Heera: Die Bauabnahme ist ein wichtiger Akt. Der Bauherr hat Anspruch auf eine fristgerechte vollständige und mangelfreie Übergabe des Werkes, so wie es im Vertrag vereinbart war. Die Abnahme dient dazu, dass sich beide Vertragsseiten erklären, dass diese Anforderung erfüllt ist. Der Auftraggeber hat die Möglichkeit, aus seiner Sicht bestehende Mängel zu rügen. Ist der Auftragnehmer gegenteiliger Auffassung, so liegt die Beweislast bei ihm. Nach der Abnahme dreht sich die Beweislast um. Wichtig ist, dass Verbraucher bei der Abnahme in ihren rechtlich gebotenen Möglichkeiten nicht eingeschränkt werden. Das ist aber genau die Folge so mancher Vertragsklausel, gegen die der Verein auf Unterlassung geklagt hat. Dazu wieder ein Beispiel: „Die Übergabe des Vertragsobjektes erfolgt nach der Schlussabnahme und der vollständigen Begleichung der Bauvertragssumme gem. Zahlungsplan und sämtlicher etwaiger Zusatzvereinbarungen“, war in einem Werkvertrag formuliert. Wir waren der Meinung, dass Zurückbehaltungsrechte der Bauherren mit dieser Klausel ungerechtfertigt beschnitten werden. Im Urteil 12.O.474/06 hat das LG Potsdam der Auffassung des Vereins Recht gegeben und begründet: „In der beanstandeten Klausel wird die Übergabe des Bauobjektes ohne Rücksicht auf eventuelle Leistungsverweigerungs- oder Zurückbehaltungsrechte an die vollständige Zahlung des Werklohns geknüpft. Nach dem Wortlaut der Klausel wäre der Generalunternehmer befugt, auch bei berechtigtem Zahlungseinbehalt des Bauherrn die Übergabe des Hauses zu verweigern“, heißt es im Urteil. Hinweise auf die große Praxisrelevanz des Urteils gibt die auf der BSB-Internetseite veröffentlichte Gemeinschaftsstudie aus dem Jahr 2012. Der Bauherren-Schutzbund und das Institut für Bauforschung Hannover untersuchten darin die Bauqualität bei Ein- und Zweifamilienhäusern in Deutschland. Nach dieser Studie lagen bei der Bauabnahme im Schnitt noch 14 Mängel vor – sowohl neu festgestellte als auch bereits während des Bauablaufs dokumentierte Baumängel.
Hurra-wir-bauen: Vielen Dank für das Interview!
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