Die höheren Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) 2016 sind auch für den Neubau zum 1. Januar 2016 wirksam geworden. Wir klären alle Fragen rund um die EnEV 2016 mit Dipl.-Ing. Marc Förderer, Bauherrenberater des Bauherren-Schutzbundes e.V. (BSB).
Um ein Missverständnis gleich vorweg auszuräumen – eine EnEV 2016 gibt es nicht. Seit 2002 ist die Verordnung mehrfach novelliert worden – letztmalig mit der Änderungsnovelle vom 16. Oktober 2013, die als EnEV 2014 in der Öffentlichkeit bekannt ist. Auch die höheren Anforderungen für Neubauten sind bereits Bestandteil dieser Gesetzesnovelle. In einer EU-Richtlinie zur Energieeffizienz ist als Ziel formuliert, dass bis 2021 in allen Mitgliedsstaaten beim Neubau von Wohngebäuden der Niedrigstenergie-Standard erreicht sein soll. Ein „Niedrigstenergiegebäude“ zeichnet sich durch eine sehr hohe Energieeffizienz aus: Der Energiebedarf liegt fast bei Null.
Bei Neubauvorhaben, für die ab 1. Januar 2016 ein Bauantrag gestellt oder eine Bauanzeige eingereicht wird, ist im Vergleich zum bisher gültigen EnEV-Standard ein um 25 Prozent niedrigerer Primärenergiebedarf einzuhalten. Unter dem Primärenergiebedarf wird die gesamte vom betrachteten Gebäude benötigte Energiemenge sowie deren Erzeugung, Umwandlung und Transport verstanden.
Das konkret zu planende Gebäude wird gegen ein Referenzgebäude mit gleichen Abmessungen und Ausrichtungen, aber mit fest hinterlegten, anlagentechnischen und bauteilspezifischen Werten verglichen. Daraus wird der spezifische Transmissionswärmebedarf ermittelt. Dieser Wert beschreibt, wie viel Energie über die Hüllfläche, auch unter Berücksichtigung potenzieller Wärmebrücken, verloren geht. Die neuen Anforderungen an die Gebäudehülle werden in der EnEV 2014 nun derart definiert, dass der spezifische, auf die wärmeübertragende Umfassungsfläche bezogene Transmissionswärmeverlust mit zwei Höchstwerten verglichen wird. Der eine Wert ist der Transmissionswärmeverlust des der Berechnung zugrunde liegenden Referenzgebäudes. Zudem gibt es fest definierte Höchstwerte für verschiedene Haustypen – ein freistehendes Gebäude oder ein angebautes Gebäude, um zwei Beispiele zu nennen. Das ist der zweite Vergleichswert. Beide Grenzwerte dürfen jeweils nicht überschritten werden. Dies soll sicherstellen, dass die Gebäudehülle nicht „schlechter“ als der bisherige Standard gedämmt wird. Für die Berechnung des Primärenergiebedarfs ist der Transmissionswärmeverlust aber nur eine der Hauptgrößen. Hinzu kommen die energetischen Werte der Anlagentechnik, also insbesondere der Heizungs- und Lüftungstechnik. Die geforderte Senkung des Primärenergiebedarfs um 25 Prozent durch die EnEV 2016 hat also das gesamte Gebäude und nicht nur die Gebäudehülle im Blick (also etwa die Wärmedämmung).
Viele private Bauherren sagen sich: Ich lege das in die Hände meines Hausanbieters. Der muss es schließlich wissen und ist auch verpflichtet, die Anforderungen der EnEV 2016 einzuhalten. Eine verständliche Reaktion, jedoch nicht immer die beste Entscheidung. Bei der energetischen Planung eines Neubaus handelt es sich um ein komplexes Thema. Entscheidungen der Bauherren haben darauf wesentlichen Einfluss. Es geht im Grunde immer um zwei sich wechselseitig bedingende Felder – die Anlagentechnik und die Gebäudehülle. Jeder Bauherr sollte sich gut informieren und mitentscheiden, wenn es um die Auswahl des Energieträgers, der Heizung, der Wohnraumlüftung und gegebenenfalls auch Kühlung des Hauses geht. Für die energetische Qualität der Gebäudehülle sind vor allem die Dämmung der Außenwände, das Dach und die Fenster entscheidend. Auch hier haben Bauherren ihre Vorstellungen. Eine für alle Vorhaben gleichermaßen gültige Lösung gibt es nicht. Bei der Planung von Neubauvorhaben können Bauherren unterschiedliche Akzente setzen. Der Gesetzgeber lässt durch die allgemeine Vorgabe der 25-prozentigen Reduktion des Primärenergiebedarfs einen Spielraum, mit welchen Mitteln die Ziele erreicht werden.
Wer meint, die neue EnEV heißt vor allem noch mehr und bessere Dämmung, der irrt. Denn bezogen auf die Gebäudehülle und den Dämmstandard des Gebäudes wird in der EnEV keine direkte Reduktion gefordert. Wie schon gesagt – zwischen Ausbildung und Dämmung der Gebäudehülle einerseits und dem eingesetzten Energieträger und der damit verbundenen Anlagentechnik andererseits bestehen in der Praxis enge Wechselbeziehungen. Bei der Berechnung des Primärenergiebedarfs werden die verwendeten Energieträger mit festgelegten Primärenergiefaktoren bewertet. So haben Gas und Öl als fossile Brennstoffe den Faktor 1,1 – Wärmepumpen hingegen je nach Jahresarbeitszahl zwischen 0,4 und 0,6, Holz sogar einen Faktor von 0,2. Wer also auch weiterhin auf fossile Energieträger setzen will, muss gemäß EnEV 2016 deutlich mehr für die Dämmung der Gebäudehülle tun. Die Nutzung erneuerbarer Energien reduziert hingegen im Verhältnis dazu die Anforderungen an einen höheren Wärmeschutz bei der Gebäudehülle. Indirekt werden mit der EnEV 2014 so regenerative Energien und deren Nutzung stärker gefördert. Die Weiterentwicklung der Anlagentechnik zur Nutzung erneuerbarer Energien, insbesondere der lokalen Speichermöglichkeiten, wird in diesem Zusammenhang sicherlich an Bedeutung gewinnen. Hinzuweisen ist darauf, dass in der EnEV 2014 der Primärenergiefaktor von Strom deutlich abgesenkt wird. Eine Folge ist, dass Wärmepumpen rein rechnerisch noch besser als zuvor energetisch bewertet werden. Sie rücken damit sicherlich bei Gebäuden „von der Stange“ stärker als bisher in den Blickpunkt, um die höheren Anforderungen der EnEV 2016 zu erfüllen. Aber Achtung: Wärmepumpe ist nicht gleich Wärmepumpe. Und nicht jede Wärmepumpe passt zum Grundstück und zum Haus. Es ist erforderlich, jedes Vorhaben individuell zu betrachten.
Viele meinen, die höheren Anforderungen der EnEV 2014 an Neubauten machen den Hausbau nur teurer. Muss das so sein? Eine allgemein gültige Aussage zu den Kosten zu treffen ist sicherlich schwierig. Als Beispiel kann aber erwähnt werden, dass sich viele seit Jahren gebaute Häuser auf dem jetzt geforderten Niveau befinden. Dies passierte nämlich immer dann, wenn Bauherren sich freiwillig dafür entschieden haben, ein KfW-Effizienzhaus zu errichten und die damit verbundene Förderung in Anspruch zu nehmen. Die bisher gebauten KfW-Effizienzhäuser 70 und besser erfüllen die Anforderungen der EnEV 2014 bereits. Der Hausbau muss also nicht zwangsläufig deutlich teurer werden, gilt es doch, die einzelnen technischen Möglichkeiten sinnvoll miteinander zu kombinieren und so auch Energie zu sparen. Wird aber ein erhöhtes Effizienzniveau angestrebt, so sind Kostensteigerungen gegeben. Einen gewissen Ausgleich kann die KfW-Effizienzhaus-Förderung schaffen. Die Förderung des Effizienzhauses 70 wird zum 31. März 2016 ersatzlos gestrichen. Gefördert werden ab dem 1. April 2016 die Effizienzhäuser des Standards 55, 40 und 40 Plus mit einem Tilgungszuschuss von 5 bis 15 Prozent. Die Förderhöchstbeträge werden dann von 50.000 auf 100.000 Euro je Wohneinheit angehoben. Wichtig ist darüber hinaus zu wissen, dass für die Förderung eine detaillierte Fachplanung und -begleitung durch einen KfW-Effizienzexperten notwendig ist.
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